TRÉSOR DE PEINTURE # 14 (DE)

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Bartholomäus Spranger (1546–1611), Mars, Venus und Amor
Öl auf Leinwand Inv.-Nr.: 67
Schloss Eggenberg & Alte Galerie, Graz © UMJ / N. Lackner

Note : 5 sur 5.

Text : Ulrich Becker, Kurator, Kulturhistorische Sammlung, Universalmuseum Joanneum, Graz.

Nichts ist für die Kunst der Renaissance so typisch wie die Welt der antiken Götter und Helden. Italien ist der klassische Boden antiker Kultur. Funde römischer Statuen geraten zu Sensationen, Fürsten, Kleriker und Patrizier werden zu Sammlern. Auch im Norden hält die Renaissance ihren Einzug. Von dort reisen Scharen von Künstlern nach Italien, um sich dort zu vervollkommnen. Wie nie zuvor vermittelt die Kunst komplexe Gedanken auf hohem intellektuellen Niveau. Dafür sind die antiken Figuren wie geschaffen. Je komplizierter der Gehalt eines Kunstwerks ist, desto mehr wird es geschätzt. Solch komplexe Programme geben beiden, Künstlern und Auftraggebern, Gelegenheit, die eigene Bildung und Kompetenz unter Beweis zu stellen. Besonderen Beifall finden erotische Szenen, sie schmeicheln dem Auge des Kenners. Häufig nimmt der Maler klassische Themen zum Anlass, um mit raffinierten Aktdarstellungen sein Können zu beweisen.
Unter Kaiser Rudolf II. (1576–1612) wird der Habsburgerhof in Prag zu einem führenden Kunstzentrum der späten Renaissance. Hofmaler ist der Flame Bartholomäus Spranger. Sein Werk zeichnet eine Vorliebe für das Raffinierte aus, die maniera. Dieser verdankt die Epoche des Manierismus ihren Namen. Die Vereinigung von Mars und Venus ist nicht nur ein Beispiel für mythische Erotik, sondern auch für die Ambivalenz der menschlichen Natur, die dennoch zu harmonischer Einheit findet. Harmonia heißt auch das Kind, das aus der Verbindung beider Götter hervorgeht. Dahinter verbirgt sich eine Allegorie auf den Frieden: Die Liebe siegt über den Krieg. Amor triumphiert über die Waffen des Mars.  Hinter dem raffiniert in Szene gesetzten Liebesspiel von Mars und Venus verbirgt sich eine ernste Wahrheit, die den Zeitgenossen nur allzu bewusst war: Nicht Amor, sondern Mars regiert die Stunde. Um 1600 wird Europa von Glaubenskriegen und Machtkämpfen heimgesucht. Unter diesen Vorzeichen ist der hier gezeigte Triumph der Liebe nicht mehr als ein ferner Wunschtraum.